„Die Wertschätzung darf nicht verloren gehen“

„Die Wertschätzung darf nicht verloren gehen“

KARLSRUHE. Corona macht auch vor den Vereinen nicht Halt: Entsprechend sei die Arbeit der Fair Job Hotels (FJH) dieses Jahr etwas in Stocken geraten, so das Fazit, das Alexander Aisenbrey, Vorstandsvorsitzender der Initiative und Chef im Resort Der Öschberghof, anlässlich des Partnertreffens am 5. November in Karlsruhe zog.

Immerhin 68 Teilnehmer hatten sich für das Jahrestreffen im Hotel Blauer Reiter angemeldet – mehr als angesichts der Corona-Lage erwartet, so Aisenbrey im ahgz-Gespräch. Auf dem Programm standen ein Update des FJH-Vorstands über die Entwicklung und Projekte des Vereins, dazu eine Keynote von Best-Western-Deutschland-Chef Marcus Smola und verschiedene Workshops.

Die Fahne weiter hochhalten

Am Nachmittag wurde der Fokus zudem auf das Thema Mitarbeiterzufriedenheit gelegt, dem Kernthema der Fair Job Hotels. Seit 2016 hat sich die Initiative zum Ziel gesetzt positive Imagewerbung für die Hotelbranche zu machen, um Schulabgänger, Umsteiger und Aufsteiger als Mitarbeiter zu gewinnen. „Wir können nicht aufhören, hier die Fahne hochzuhalten“, betont der FJH-Chef. Seine Befürchtung sei aber auch, dass durch die prekäre Lage branchenweit in vielen Häusern, die Mitarbeitermotivation und -wertschätzung teilweise wieder zurückgefahren werde. „Für viele Betriebe geht es ums nackte Überleben, aber deswegen darf final das Verständnis für die Mitarbeiter nicht verloren gehen“, appelliert Aisenbrey. „Und deshalb ist es umso wichtiger, die Kommunikation mit und die Wertschätzung für die Mitarbeiter aufrechtzuerhalten und vielleicht auch ein bisschen zu ändern. Denn gerade die jungen Menschen haben heute andere Bedürfnisse und Ansprüche.“

#ZITAT#Für viele Betriebe geht es ums nackte Überleben, aber deswegen darf final das Verständnis für die Mitarbeiter nicht verloren gehen.#/ZITAT#

Was die Entwicklung der Initiative selbst betrifft, müsse man grundsätzlich sehen, wie sich die Partner – auf der Vereinswebseite sind derzeit 70 FJH-Mitgliedshotels gelistet – künftig aufstellen werden. Der jährliche Mitgliedsbeitrag liegt bei 3000 Euro, neun Kündigungen verzeichneten die Fair Job Hotels zuletzt. „Alle aus wirtschaftlichen Gründen – und mit der Bitte, wenn sich der Betrieb erholt hat, wieder eintreten dürfen“, so Aisenbrey, der angesichts der prekären Lage mit mehr Abgängen gerechnet hätte. Gleichwohl: „Stand heute wird sicher das eine oder andere Haus den Verein aus Geldmangel oder auch wegen einer Schließung verlassen, wie jüngst im Fall des Hessischen Hofs“, so der Vereinschef. Die Industriepartner dagegen seien alle weiterhin an Bord.

Plakataktion mit Hotel-Motiven

Das Resümee der Vereinsarbeit in diesem Jahr fällt differenziert aus: Statt der ursprünglich geplanten Fair-Rap-Kampagne (ahgz vom 2. November 2019) wurde eine Plakataktion mit Motiven aus der Hotellerie gestartet, die den Gästen vermitteln soll, dass ihre Urlaubsbuchung der Hotelbranche eine Perspektive für die Zukunft schenkt. „Die Kampagne weist klar darauf hin, dass wir Hilfe brauchen“, so Aisenbrey.

Eine Online-Petition, welche die Initiative im Mai gestartet hatte, habe man nur als begleitend verstanden, um dem Notruf der Branche während des Lockdowns mehr Gewicht zu verleihen (ahgz vom 4. Mai). „Es gab hier nie das Ansinnen, eine weitere Aktion daraus zu machen, weil hier der Dehoga schon federführend ist“, so Aisenbrey. „Doch in der Summe bleibt die Erkenntnis, dass sich niemand richtig für unsere Branche interessiert – das haben wir hier an der Teilnahme gemerkt wie an Gegenwind aus der Branche.“

Sorgen bereitet dem FJH-Vorstand zudem die Personalsituation: „In Spezialbereichen wie Spa lassen sich derzeit wieder Positionen besetzen, aber im Zimmerbereich, in Service, Küche und Bar bleibt es weiter angespannt “, so Aisenbrey, der es für realistisch hält, dass es bis Mitte nächsten Jahres 20 bis 30 Prozent der Hotellerie nicht mehr geben wird. Hinzu kämen reduzierte oder gestrichene Ausbildungsplätze – „das wird die Personalsituation spätestens in zwei Jahren noch einmal enorm verschärfen“.

Entsprechend der neuen Gegebenheiten habe die Initiative ihre bisherige Strategie angepasst und wirke derzeit mehr nach innen. Auch aus der Erkenntnis heraus, dass sich die große Vision doch nicht über die ganze Republik tragen lasse. „Du musst vom Kleinen anfangen und viele Mitstreiter gewinnen, und wenn du dann eine große Welle hast, kannst du auch etwas bewirken – andersherum funktioniert es in unserer Branche nicht“, so Aisenbrey.

Managerin für die Vernetzung

Mit Maria Mittendorfer, die seit Frühjahr als Operations Manager für FJH agiert, habe die Initiative eine feste Mitarbeiterin, die sich extrem zeitaufwendig um die Vernetzung der Partnerhotels wie auch um die Akquise kümmere, so der FJH-Chef. Für die Mitglieder gebe es derzeit Regionaltreffen – das erste im November –, Diskussionsrunden und Webinare – mit dem Ziel, Präsenz zu zeigen, sich untereinander auszutauschen, aber auch um zu schulen oder zu transformieren. In den nächsten Wochen wird die Homepage neu gelauncht, im ersten Quartal 2021 sei zudem ein zweites FJH-Barcamp geplant, ebenso wie ein zweites Regionaltreffen.

>> Mehr Lesen: „Fair Job stärkt Miteinander in Barcamp“ <<

Und welchen Wunsch hat Aisenbrey für die weitere Entwicklung der Fair Job Hotels? „Grundsätzlich wünsche ich mir, dass unsere Partner sich vernetzen. Das klappt auch sehr gut – nicht zuletzt durch Operations Manager Maria Mittendorfer, die wir jetzt als Dauerkommunikationsschiene haben. Außerdem hoffe ich, dass wir für 2021 eine feine und qualitativ hochwertige neue Kampagne finden.“